Bewusst-Sein

Eure Tattoos machen euch nur gleicher [Teil 1]

Technisch betrachtet ist die ganze Malerei ja doch schon ein paar Tage länger möglich, aber warum ist sie gerade in den letzten Jahren so in Mode gekommen? War der bekannte Seemannshaken oder der in Herzchen gefasste Mutti-Schriftzug vor einigen Jahren noch die eindeutige Markierung für kriminelle Energie und den damit verbundenen Knastaufenthalt, wird man inzwischen ja fast genauso schräg angestarrt, wenn man nicht mindestens ein sinnfreies Kunstwerk auf seiner Haut trägt. Ich frage mich nur, warum?

Chris, #vogelfree Jünger der ersten Stunde, bloggt für euch in der Kategorie „#vogelfree Lifestyle – wie wir ticken, und warum!“ zum Ursprung der Bewegung, den Menschen hinter dem Vogelspirit und ihre Gedanken zum Erleben des Lebens als Abenteuer

Glaubt ihr im Ernst, dass ihr euch durch die Bepinselung oder den ochsengleichen Ring in eurem Näschen tiefgründig von der breiten Masse abhebt? Glaubt ihr im Ernst, dass ihr durch das knöchelfreie Krempeln eurer H&M Jeans und das fotogene Verbreiten eures vermeintlich einzigartigen Stils den Facebook oder Instagram Award für Individualität gewinnt? Abgesehen davon bleibt ihr trotzdem 16 oder 65-jährig, auch wenn ihr diesen trendigen und rein optisch fixierten Eintagsfliegen folgt. Sie verhelfen euch weder zu einem Mehr an Lebenserfahrung, noch bringen sie euch die ewige Jugend und drehen die Lebensuhr eher peinlich betrachtet auf die hippen Jahre zurück. Eines weiß ich ganz gewiss:

Eure Tattoos machen euch nur gleicher!

Individualität durch Gleichheit. Durch die offensichtliche Massentauglichkeit von Tattoos und Piercings scheint es in der Masse wohl gar nicht mehr ohne die vermeintlich einzigartige Abgrenzung durch Körperkunst zu gehen. Auf die Fragen warum, genau das und wieso genau dort, bekomme ich nahezu ausschließlich die gleiche ausgelatschte Antwort „Das ist was Persönliches, eine Erinnerung, nur für mich“. Aha, etwas Persönliches. Etwas so Persönliches, das so persönlich ist, dass ihr euch es bestens sichtbar zwischen eure „Oberweite“, auf euren „Bizeps“, auf den „Fuß“ oder oberhalb des „Gesäßes“ tätowieren lasst. Das nur ihr es seht. Deshalb tragt ihr auch von Januar bis Dezember, zwölf Monate lang, Sommer wie Winter, geschlossene, langarmige Oberteile, lange Hosen und Wollsocken. Jedes Körperteil ist bestmöglich bedeckt, damit man eure intimen Bemalungen und Zeichen nicht entdeckt oder gar entschlüsselt. Wer sie dann doch aus Versehen zu Gesicht bekommt nervt euch natürlich mit seiner Frage zum Hintergrund der verschlüsselten Botschaft immer wieder aufs Neue an. Wie könnte man auch vorher erahnen, dass ein Datum ohne direkten Bezug oder ein Name, der von dem eures Vaters, der Mutter, des Bruders, der Schwester oder des Mopsbabys abweicht, jemals interessierte Fragen aufkommen lässt?

Freunde der neumodischen Kriegsbemalung ohne Kriegserfahrung, entscheidet euch. Aufmerksamkeit mit der Gefahr zur Interviewsituation oder Risikobereitschaft dazu, dass eure ach so stylische Tätowierung nichts mit eurem frisch gestochenen Lebenslauf verbindet. Doch selbst wenn ihr versucht, eure Kunstwerke der Neuzeit bewusst durch Kleidung zu bedecken, bedenkt bitte, dass ihr hier keinen Bruch des Instagram Knigge begeht. Knöchel und Bauchnabel sind laut Mainstreamhandbuch möglichst immer, Jahreszeit unabhängig, frei zu halten. Wurde der Sneaker vor einiger Zeit noch als Sommermode an die stilsichere Frau bzw. den Mann gebracht, ist er inzwischen (gesund oder auch nicht) Ganzjahresmode. Läuft´s bei euch sonst?

Geld spielt keine tätowierte Rolle. Auch wenn für eine vernünftige Mahlzeit die Kohle fehlt, für´s drei- oder vierstellige Tattoo bzw. den in Indien genähten „Qualitätssneaker“ spielt die finanzielle Flüssigkeit scheinbar nie eine Rolle. Tausende von Euronen, die dann zwar am anderen Ende fehlen, werden locker gemacht, Hauptsache das „Persönliche“ findet schnellst möglich den rechten Platz am Körper oder im (sehr individuellen) IKEA Kleiderschrank. Natürlich gibt es auch hier eine nicht zu vernachlässigende Gegenbewegung.

Dazu erörtere ich meine Gedanken, sachlich und tiefenentspannt wie immer – im bald folgenden Teil 2 von „Eure Tattoos machen euch nur gleicher“.

Tätowierte Grüße

Chris

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